30. Juni 2017

Hej då jetzt wirklich

Die Reisetasche wird voller, das Zimmer leerer und meine Gefühle durchwühlter. Nur noch ein Tag bleibt mir hier bei Karlssons bevor ich früh am Samstag morgen nach Stockholm fliege um mit allen Austauschschülern am End-of-stay-Camp teilzunehmen. Bereis am Montag lande ich auf Schweizer Boden, sehe Freunde und Familie und werde mit meinem alten Leben konfrontiert. 
Die Frage, die man am meisten hört: "Freust du dich auf zu Hause?" Aus meinem freudigen "Ja!" wurde in den vergangenen Wochen eher ein "Nein, zu Hause ist alles langweilig und normal". Klar ist es toll, alle wieder zu sehen, aber ich habe das Gefühl, dass ich keine Ahnung mehr habe, wie sie sind. Meine Familie wirkt so fremd und weit weg und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie es ist, mit diesen Fremden zusammenzuleben. Als ich gestern kurz mit ihnen gesprochen habe um zu schauen, was ich mitnehmen soll und wie es aussieht mit Sachen wie meinem Handy-Abonnement, hatte ich so gar nichts zu sprechen mit ihnen und wir sassen einfach still vor unseren Geräten. Auch mit meinen Freunden wird es sehr komisch, ein ganzes Jahr haben sie ohne mich ihr Leben gelebt und wer weiss, ob das jetzt noch zu meinem neuen Ich passt. Ja, es wird spannend!
Auch beängstigend finden ich die Tatsache, dass ich ein Schuljahr verpasst habe und es meine Verantwortung ist, alles was ich nächstes Jahr davon noch brauche, aufzuarbeiten. Meine Schwester und meine Freunde haben schon ihre Hilfe angeboten, aber das Lernen muss ich ja selber bewältigen. Weiss gar nicht, ob ich das noch kann nach diesem "Chill-Jahr" in der Schule hier. Hört sich langweilig und anstrengend an.

Das Schlimmste mit dem Ende hier ist, dass man nicht mehr wirklich weiss, wer man eigentlich ist. Zwei Welten treffen aufeinander und ich werde in der Mitte zerquetscht. Irgendwie muss man sich bereits jetzt Vorsetzte vornehmen, damit nicht wieder alles genau gleich ist wie vor dem Austausch, denn ich bin nicht mehr die Selbe wie zuvor. Ich bin offener, erfahrener, unabhängiger und vor allem auch ein wenig selbstsicherer, da ich weiss, dass ich es auch ohne grosse Hilfe schaffen kann. Obwohl es auch schön ist, zuhause wieder die Unterstützung meiner Eltern und meiner grossen Geschwistern zu haben. Nun zu meinen Vorsetzten, die ich wirklich aufschreiben sollte, damit ich sie auch nicht vergesse: Ich möchte unbedingt richtig mit Theater anfangen auch wenn es sehr viel Zeit beansprucht. Wenn es mein Knie zulässt, welches ich hoffentlich im Herbst operieren kann, fange ich richtig mit OL an in der Schweiz. Ich liebe es im Wald oder allgemein in der Natur zu sein und das Gefühl, wenn alles passt und man einen Kontrollzeichen gefunden hat, ist unbezahlbar.

Alle meine tolle schwedischen Freunde werden mir fehlen und es schmerzt zu wissen, dass sie nächstes Jahr ohne mich die Schule abschliessen und ich hoffe, dass ich nicht zu schnell vergessen werde. 


Hier, in diesem Haus fühle ich mich wirklich zu Hause und meine Gastfamilie ist mehr als nur Menschen, die mich ein Jahr bei sich aufgenommen haben und mich an ihrem Leben teilnehmen liessen. Sie sind mir unglaublich ans Herz gewachsen, auch wenn ich sie mir manchmal am liebsten auf den Mond gewünscht hätte. Ein kleiner Trost ist, dass sie mich nächstes Jahr im Winter besuchen werden und die Schweizer Berge beim Skifahren unsicher machen werden. Darauf freue ich mich bereits heute.


Ich werde Schweden vermissen, mit all seinen Seen, Gebäcken, Prinzipien und natürlich all seinen tollen Menschen. Obwohl ich oft an meine Länderwahl zweifle, weil es nicht so speziell und anders ist, mag ich Schweden und ausserdem hat es hübsche Menschen ;)
Ich bin stolz sagen zu dürfen, dass ich Schwedisch beherrsche und mich, ohne jemanden hier zu kennen, durchgeschlagen konnte. Ein Teil von mir wird immer von Schweden geprägt sein und ich werde immer eine spezielle Verbindung mit diesem Land haben. Alle Erlebnisse und Menschen werden stets in meinem Herzen bleiben, auch wenn sie über die Jahre wahrscheinlich leider ausbleichen werden. Ich bin so froh, habe ich den Schritt gewagt und ich bin an der Herausforderung enorm gewachsen. Wenn ihr also mit dem Gedanken eines Auslandaufenthalts spielt, springt ins kalte Wasser, denn ihr bekommt soviel, dass ihr euer ganzes Leben nutzten könnt.

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