25. Januar 2017

Halbzeit

Genau heute feiere oder wohl eher beklage ich die Halbzeit meines Austauschjahres. Für alle die nun gerne ausrechnen möchten, wann ich endlich wieder kommen: ich bin am 19. August nach Schweden. Also noch genau 159 Tage, bis ich wieder auf Schweizer Boden stehen werde. Ungefähr anfangs Juli ;)
Ich konnte mich immer damit trösten, dass mir ja noch mehr als die Hälfte meines Austausches bevor steht und in dieser Zeit noch sehr viel erleben werde, doch jetzt komm ich mit dieser Ausrede nicht mehr durch. Vom Gefühl her stehe ich immer noch in der Anfangsphase dieses Jahres und es klingt vollkommen unrealistisch, dass ich in 5 Monaten wieder zu Hause sein werde. 
Obwohl ich die ganze Zeit jammere, wie schnell das Jahr umgeht, kommt es mir so vor, als wäre ich ewig nicht mehr zu Hause gewesen.
Ich kann mich schon gar nicht mehr an die simpelsten Dinge erinnern, zum Beispiel wie unser Gartentor quietscht, wenn man es aufstösst oder wie unsere Schulklingel tönt. Ich fange an die Kleinigkeiten, die ich eigentlich hasse, zu vermissen. Wenn mich meine Schwester auslacht, wenn ich beim Haare zusammen binden in den Spiegel in unserem Zimmer schaue oder wie mich mein Bruder immer erschreckt, wenn ich in unserem Treppenhaus um die Ecke komme. All diese Dinge scheinen so unerreichbar. 
Doch wenn ich wieder zu Hause bin habe ich ja noch genug Zeit, um all diese Dinge zu erleben. Darum lebe ich im jetzt und geniesse Schweden!
Morgen werde ich schon wieder nach Stockholm reisen zu den Berzeliustagen. Gymnasiumschüler aus ganz Schweden werden für zwei Tagen an Chemievorlesungen an der Universität teilnehmen.

19. Januar 2017

Von Neujahr, Lund und dem Midstay-camp

Nach Weihnachten kam dann auch schon bald Neujahr, welches ich mit Aimée (der Austauschschülerin aus Deutschland) und einigen Freunden aus der Schule verbrachte. Es war ein sehr gemütlicher Abend und wir haben aus 2016 nochmals alles rausgeholt. Um zwölf Uhr gingen wir auf einen kleinen Hügel und schauten all den kleinen Feuerwerken um uns herum zu. Als wir runter zählten konnte keiner von uns fassen, dass wir wirklich in ein neues Jahr starteten. Ich habe ihnen dann noch das schweizerische "Es guets Nois!" beigebracht.

Die zwei hatten 2016 voll durchgezogen, keine Süssigkeiten zu essen - endlich wieder
Zwei Austauschschüler haben Freude an der Natur
Am zweiten Tag des neuen Jahres fuhr ich mit Aimée zu ihr nach Eslöv. Das liegt ungefähr 10 Autominuten von Lund entfernt, wo wir auch gleich den nächsten Tag verbrachten. Eine herzige Studentenstadt mit vielen bunten Häusern und kleinen heimeligen Cafés und Geschäften. Doch wir haben auch ein bisschen Geschichte aufgeschnappt und besuchten den Dom. Dort wurde per Zufall gerade eine Führung gehalten, welche überraschenderweise sehr packend war. 



Wenn man allen mitteilen muss, was man für fancy Zeug isst
Die ganzen Ferien hatte es keinen Schnee, was eigentlich ziemlich lustig ist. Da es in der Schweiz welchen hatte und ich hier im Norden sehnlichst jeden Morgen aus der Fenster sah, mit der Hoffnung, endlich ein bisschen weiss zu erblicken. Jedoch war es einige Tage -15°C kalt und da der Strand bei unserem Ferienhaus vor der Kältewelle überschwemmt wurde, gefror das Wasser dort. So montierten wir Schlittschuhe, die ich übrigens zu Weihnachten bekam und fuhren eine Runde auf unserem privaten Eisfeld.





Es gab dann doch noch eine Ladung Schnee und wir mussten die Chance natürlich nutzen.
Unser Schneemannfreund Rudi hat jedoch nur etwa 12 Stunden gelebt danke dem Regen am nächsten Tag.


Am letzten Wochenende hatten wir das "Midstay-camp" in Stockholm mit allen  ca. 80 AFS Austauschschülern. Es war das erste Wiedersehen seit August (ausser mit denen, die in meiner Region wohnen) und sehr interessant zu beobachten, wie sich alle verändert haben. Doch alle Italiener, welchen mit 17 Stück das Lager definitiv dominierten, blieben gleich laut. Spannend, zu hören, wie es allen erging und auch eine schöne Abwechslung von all den Schweden. Ich glaube, wir Austauschschüler sind alle der gleichen Meinung, dass Schweden harte Nüsse sind zu knacken und es deshalb schön ist, mal wieder Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen.



Obwohl nun wir alle schon (auf den Tag genau) 5 Monate hier sind, beherrschte noch immer Englisch die Konversationen. In kleineren Gruppen behandelten wir verschiedene Themen und hatten ein Rück- und Ausblick auf über die gesamte Zeitspanne. Ebenfalls haben wir den Brief, welchen wir bei der Ankunft im August uns selber geschrieben haben, zurückgegeben. Diesen zu lesen war irgendwie Trauer und Motivation zugleich.



Jeder hatte ein individuelles Gespräch mit einem AFS Volontär, wo man ein bisschen von seinen Austauschschwierigkeiten erzählen konnte. Es tat gut, mal einfach alles abladen zu können und mein Volontär Philip half mir wirklich, meine Probleme von einem anderen Blickwinkel zu sehen. Vor dem Camp, hatte ich wieder ein kleines Tief mit Schulfreunden, doch nach all den Gesprächen mit den anderen, konnte ich neuen Mut fassen und ich nehme mir vor, es einfach immer und immer wieder zu versuchen.

Wer findet mich?
Die Volontäre haben uns daran erinnert, dass es wir waren, die dieses Jahr gewählt haben und es uns zur Aufgabe machen müssen, dass es toll wird. Und sie haben Recht.
Ich möchte alles aus meinem restlichen 5 Monaten in Schweden rauszuholen. Ich möchte später auf dieses Jahr zurückblicken können und sagen:" Ja, Schweden war eine unglaublich spannende und tolle Erfahrung. Würde ich sofort wieder machen. Vielleicht war es nicht das beste Jahr meines noch so jungen Lebens, aber sicher das aussergewöhnlichste! " Also werde ich jede Chance nutzen, jeden Tag und vielleicht werde ich am Schluss die Nase voll von Schweden haben, vielleicht werde ich nicht die besten Freunde hier finden. Aber dann weiss ich zumindest, dass ich alles versucht habe und es vielleicht nicht an mir liegt. Ich habe bereit so viel gelernt, wurde selbstständiger, offener, bekam mehr Selbstvertrauen und bin irgendwie ganz eine andere Lilja.