28. Dezember 2016

Jul

Jedes Jahr kommt sie, doch jedes Jahr ein bisschen anders. Die Weihnachtszeit. Manchmal beginnt sie anfangs Monat, wenn der Radiosender anfängt, passende Lieder zu spielen. Manchmal erst dann, wenn man die Dekoration auspackt und Weihnachtsgebäck im Ofen ist. Vielleicht kommt sie aber auch gar nicht und auf einmal ist es Heiligabend und man wird von den Feierlichkeiten überrumpelt. Dies war für mich dieses Jahr der Fall. An was es gelegen hat, ist mir selbst ein Rätsel. Vielleicht war der Grund, dass es sonnig und warm (kein Schnee) draussen ist, oder weil ich nicht zu Hause bin.


Als ich 6 Jahre alt war, haben wir eine zwei monatiger Reise von den Weihnachtsferien bis zu den Sportferien unternommen. Wir besuchten einige kanarische Inseln und Marokko, wo wir unter anderem einige Tage in der Sahara verbrachten. Dies war eine der tollsten Dinge in meinem noch jungen Leben, die ich je erlebt habe. Aber der Punkt ist, dass ich damals Weihnachten auch nicht zu Hause in der winterlichen Schweiz verbracht habe, sondern zwischen Palmen auf dem sonnigen, warmen Teneriffa. Doch es gab für jedes Kind ein Geschenk und ich war mit meiner Familie zusammen, vielleicht brachte das die Weihnachtsstimmung. 
Nun, genau 10 Jahre später, bin ich wieder in einem fremden Land in dieser Zeit und es macht mir gar nicht so viel aus, wie sich alle vorstellen. Klar ist es komisch zu wissen, dass meine Familie zusammen feiert, ohne mich. Sie nutzen, wie mein Bruder sagte, das Jahr, in dem ich nicht da bin aus, um mal nicht einen Weihnachtsbaum haben zu müssen und das ganze andere Zeugs. Weil ich anscheinend sie immer dazu bringe, alles auf Weihnachten einzustellen. Mein Hauptargument: Meine Geschwister hatten, weil sie älter sind, viel mehr Weihnachten als ich. Stimmt ja auch.

Aber wer hat schon die Möglichkeit, ein richtig schwedisches Weihnachten zu verbringen mit allem Drum und Dran? Richtig, nicht jeder, darum hier eine kleine Zusammenfassung meines schwedischen Weihnachten:

Am 23. Dezember erledigten wir als ganze Familie die letzten Weihnachtseinkäufe, kauften unter anderem einen Weihnachtsbaum. Wir fuhren von Laden zu Laden, doch alle Verkäufer mit Bäumen hatten bereits Feierabend gemacht. Schliesslich wurden wir an einem Strassenrandverkauf fündig. Das nächste Problem wartete bereits auf auf uns zu Hause. Wir hatten keinen Stern für die Spitze unseres Baumes. Doch meine Linn hatte für alles eine Lösung. "Wir können ein Foto von mir nehmen. Ich bin auch ein Stern".
Gesagt, getan. Danach versuchten wir noch ein Lebkuchenhaus zu zimmern. Mit Betonung auf versuchten. Am Schluss waren nicht nur alle Stücke des Hauses kaputt, sondern auch eine Handyscheibe. Klar, dass wir dann ziemlich schnell aufgaben und uns mit dem begnügten, was wir erreicht haben an diesem Abend.


An Heiligabend feierten wir bei der Schwester meiner Gastmutter mit vielen Verwandten. In Schweden ist es normal, dass man sich in der ganzen Familie trifft und sich zu einer grossen Gesellschaft ansammelt. Um Punkt drei schlug der Stromverbrauch in Schweden dann massiv an, wenn alle "Kalle Anka och hans vänner önskar god jul" schauten. Seit 1960 kommt das amerikanische Fernsehprogramm mit Donald Duck im schwedischen Fernseh, immer am 24. Dezember um Drei. Mittlerweile eine Tradition und oft sind es die Erwachsenen, welche die Initiative ergreifen, dieses Jahr wieder zusammen Kalle Anka zu schauen. Da sie damit aufgewachsen sind und es früher nicht alltäglich war, so etwas zu schauen. Die heutige Technik nimmt der ganzen Sache ein wenig den Zauber. 


Anschliessend richteten wir das Essen an, welches man "Julbord" nennt und übersetzt lediglich Weihnachtstisch bedeutet. Was jedoch Sinn macht, da es aus ganz vielen verschiedenen Gerichten besteht, welche man sich selbst an einem Tisch aussuchen kann. Es ist ziemlich fleischlastig mit Fleischbällchen, Weihnachtsschinken und einigem mehr. Da ich kein Fleisch esse, hat mein Gastvater versucht, extra für mich einen vegetarischen Weihnachtsschinken zu machen aus einem Gemüse. (Er ist zwar ziemlich missglückt, aber der Gedanke zählt). Dazu gibt es Kartoffelgratin, Ei und Lachs und Sill (einen speziellen Fisch). Nach Belieben kann man noch Sachen hinzufügen, aber die oben erwähnten Gerichte sind bei einem schwedischen Weihnachtsessen ein Muss.


Mein Bruder wollte sein neues schweizer Fussballt-shirt gar nicht mehr ausziehen
Später, wenn die Kinder dann langsam unruhig wurden, kam er endlich: Tomten. Der Weihnachtsmann, der sich auf einen Stuhl setzt, ein Geschenk nach dem anderen aus seinem Sack zieht und den Namen des Empfängers vorliest. Viel mehr machte er nicht und verschwand dann auch sehr schnell wieder. Aber man sagt, dass man viele Geschenke bekommt, wenn man brav und nett war im vergangenen Jahr. Wieder ein Spur von unserem Samichlaus zu entdecken.


Wir haben dann noch ein Spiel gespielt und langsam wurde die Stimmung ein bisschen lockerer. Die Kinder waren glücklich mit ihrem Erhaltenen und die Erwachsenen gönnten sich ein Glas mehr als sonst.
Am Tag darauf frühstückten wir bei der Schwester meines Gastvaters und auch da gab es Resten des Vorabends. Man isst jetzt einfach so lange "Julbord" bis nichts mehr übrig ist.

Erstes Familienfoto
Ich habe mit meinen Gasteltern eine neue Tradition an Weihnachten gestartet:
Zuerst sprangen wir einige Kilometer und danach badeten wir im naheliegenden Orsjö bei 3°C. "Wenn es schon keinen Schnee hat, dann schwimmen wir wenigstens". Wir haben bereits abgemacht, uns nächstes Jahr gegenseitig ein Fotobeweis zu schicken. Hoffe, jemand springt mit mir in die Aare. 


In ein paar Tagen kommt Aimée, eine Austauschschülerin aus Eslöv (ursprünglich Deutschland) über Silvester zu mir. Wir beide feiern mit einigen meiner Freunden aus der Schule in Ryd. Danach werde ich wahrscheinlich mit ihr zurück fahren und die Gegend Lund-Malmö erkunden. Ich freue mich, dass ich wenigstens ein bisschen Pläne für die Ferien habe und mich ghatnicht wie in den letzten Tagen mich nur zu Hause langweile. 

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